Wann ich mit WordPress angefangen habe, weiß ich nicht mehr. Mein erster Beitrag hier stammt von 2008. Seit fast 6 Jahren biete ich Plugins an. Mit WordPress habe ich seit vielen Jahren beinahe täglich zu tun. Angesichts des Stellenwertes von WordPress in meinem gegenwärtigen Leben wundert es mich, dass ich bislang nie auf einem WordCamp gewesen bin.
Nun schließlich war es so weit: mein erstes WordCamp! Nachdem ich als Teilnehmer schon BarCamp und als Sprecher TechCamp kennengelernt hatte, bin ich an das Prager WordCamp natürlich mit bestimmten Erwartungen herangegangen. Was ist nun daraus geworden?
Erinnerungen an die Uni
Insgesamt war es eine schöne und lohnende Erfahrung. Die Leute dort sind nett, und ihre Begeisterung kommt überall herüber. Es gibt keine Dünkel von Experten gegenüber Neulingen, und niemand blamiert sich mit einfachen Fragen. Ich fand es überraschend, dass die Präsentationen alle den Charakter von Lehrveranstaltungen hatten – passend zum Veranstaltungsort, nämlich einer ökonomischen Hochschule. Die Wissensvermittlung stand immer im Vordergrund.
Ich hätte eigentlich eher impuls- oder richtungsgebende Vorträge erwartet, Blicke auf die Gesamtentwicklung, und eher visionäre Beiträge. Aber wie es letztendlich stattfand war es auf jeden Fall nützlich, und es bestand wenig Gefahr, dass es einem Sprecher nur um die Selbstdarstellung ging. Alle Präsentationen waren angenehm offen und unprätentiös. Vielleicht ist das der Einfluss von Open Source.
Einige Veranstaltungen, wie etwa die Fallstudien, fanden für alle Teilnehmer statt, während wir uns sonst zumeist in Benutzer und Entwickler aufteilten. Die Themen waren alle nicht schwer, aber es tauchten zuweilen Webseiten, Programmiersprachen, Frameworks und dergleichen auf, die ich nicht oder nur vom Namen her kannte. Interessant und relevant waren für mich vor allem die Themen VersionPress und Gutenberg, und auch einige Erfahrungen von Bloggern und Webseitenbetreibern, die einen ehrlichen Blick hinter die Kulissen ermöglichten.
Kontroverses Mainzelmännchen
Gutenberg, benannt nach Johannes Gutenberg, ist so etwas wie Raumschiff Enterprise oder Armageddon, je nachdem, in welchem Lager man sich befindet. Es handelt sich um einen neuen Editor, der schrittweise ganz WordPress bis hin zum Seitenlayout revolutionieren soll, indem der Inhalt in Blöcken organisiert wird.
Als Blogger und Softwareentwickler lasse ich mich so allmählich von den Vorteilen und wohl auch der Notwendigkeit dieser Entwicklung überzeugen. Allerdings bleibt doch ein Problem bestehen: Diese Neuerungen erfordern einen Riesenaufwand, um die neuen Technologien und Konventionen zu erlernen und die alte Software darauf umzustellen.
Das sind Tage oder Wochen an entgangener Freizeit oder unbezahlter1 Arbeitszeit, und dies alles unter einem völlig unnötigen Zeitdruck. Mit Mühe und Not wird es Gutenberg vielleicht noch dieses Frühjahr in den WordPress-Core schaffen. Aber wie bitte soll bis dahin diese Unzahl an Plugins und Themes umgestellt werden? Das mag in Firmen funktionieren, die sich ein paar hauptamtliche Programmierer leisten können, aber für den Hobbycoder oder Freiberufler ist das nicht so einfach, wie sich das die Strategen bei WordPress ausgedacht haben.
Bis ich auf Gutenberg umgestellt haben werde, werden wohl noch ein paar Wochen vergehen. Bis dahin bleibt Gutenberg für mich Gensfleisch.
Wieder einmal durchgewurschtlovat
Die Veranstaltung verlief natürlich auf Tschechisch, und hier und dort mit Slowakisch und tschechisierten englischen Fachbegriffen. Beispiel: “kustomizovat”. Also: “kustomisieren”. Sagt man das in Deutschland? Seit ich nur noch selten dorthin fahre, werde ich immer wieder von monströsen Wortnewcreations überrascht. “Anpassen”, würde ich sagen, oder entsprechend “přizpůsobit” oder “uzpůsobit”. Alte Schule.
Ich war aber keineswegs der einzige Ausländer auf dem WordCamp. Hier und dort hörte ich neben mir Leute auf Englisch und Russisch sprechen. Mein tschechoslowakisches Hörverständnis reicht für die Beiträge und Diskussionen, aber zu einer Wortmeldung fehlt mir einfach das Vertrauen in die eigenen Fremdsprachkenntnisse.
Ich muss sagen, dass ich abends ziemlich fertig war. Dazu trug nicht zuletzt – um es mit einer WordPress-Metapher zu sagen – das zusätzlich in meinem Kopf mitlaufende Übersetzungs-Plugin bei. Am eigenen Blog lässt sich leicht verifizieren, dass Sprachmodule die Ladezeiten erheblich in die Höhe treiben können. Inzwischen ist meine cerebrale Kühlung wieder auf Normal.